Gebäude der Wiener Volksoper © Volksoper Wien, Logo VOF
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In memoriam Herbert Prikopa

prikopa01_Lambertuccio_Boccacio_1961_Pscherer   © Volksoper – Archiv

 

Man könnte ihn beinahe als kulturelles Universaltalent bezeichnen. War er doch Pianist, Sänger, Dirigent, Komponist, Schauspieler, Kabarettist, Moderator, …  – Herbert Prikopa, der wenige Tage nach seinem 80. Geburtstag nach einem längeren Krankenhausaufenthalt am 8. Dezember 2015 in Wien verstorben ist.

Geboren am 30.November 1935 in Wien, erhielt Herbert Prikopa ab seinem 5.Lebensjahr Klavierunterricht, auf dem er schon neben der Mittelschule sein Musikstudium – Harmonielehre, Kontrapunkt, Komposition und Dirigieren – aufbauen konnte. Dass er ein guter Pianist geworden wäre, bezeugt die Tatsache, dass er schon als Teenager aushilfsweise das Wiener Staatsopernballett korrepetierte und mit 19 Jahren, mit Beginn der Saison 1955/1956, sein erstes Engagement an der Volksoper als jüngster Korrepetitor in der Geschichte des Hauses erhielt; 36 Jahre später verabschiedete er sich als gefeierter Publikumsliebling in den Unruhestand, denn künstlerisch aktiv blieb er weiterhin.

Die Tätigkeit als Korrepetitor lastete den jungen Mann offensichtlich nicht aus, weshalb er in der Kammeroper als Sänger Bühnenluft schnupperte, mit Gerhard Bronner als Kabarettist auftrat und im Theater in der Josefstadt in der Regie von Otto Schenk spielte. Dennoch erhielt er 1957 in der Volksoper einen Solistenvertrag und begann gleichzeitig ein ernsthaftes Gesangsstudium bei Prof. Elisabeth Rado (andere Schüler von ihr waren unter anderem Adolf Dallapozza, Heinz Holecek oder Eberhard Waechter).

 

Eine Stütze des Hauses …

In über als 90 Rollen stand Herbert Prikopa in Oper, Operette und Musical in mehr als 3500 Aufführungen auf der Bühne der Volksoper – „Zigeunerbaron“, „Bettelstudent“, „Nacht in Venedig“, „Gräfin Mariza“, „Boccaccio“, „Walzertraum“, „Lustige Witwe“, „Martha“, „Hoffmanns Erzählungen“, „Fra Diavolo“, „Madame Butterfly“, „Hänsel und Gretel“, „My Fair Lady“, „Kiss me Kate“, „Karussell“, „Showboat“, und, und, und. Aber auch außerhalb des Standardrepertoires konnte man ihn erleben: In „Der Mond“  oder „Ero der Schelm“  wirkte er ebenso mit wie in „Iwan Tarassenko“ oder „Die Zaubergeige“. Ab 1977 konnten Besucher den Jubilar neben seinen vielfältigen Gesangspartien auch als Dirigent im Haus am Währinger Gürtel erleben. Unter anderem dirigierte er „Fledermaus“, Pariser Leben“ oder „Barbier von Sevilla“. Nicht vergessen dürfen Volksopernfreunde, dass Prikopa schon 1964 das leider eingeschlafene Studio der Volksoper gemeinsam mit Walter Höfermayer gegründet hat und dessen musikalischer Leiter war.

Die Verbundenheit mit der Volksoper bezeugt aber nicht nur die langjährige Zugehörigkeit zum Ensemble. Im Dezember 1998 erschien sein zweites Buch „100 Jahre Volksoper – Die Geschichte eines notwendigen Theaters“. Davor war er bereits Mitverfasser einer Biografie über den unvergessenen Erich Kunz.

 

… und andere musikalische Engagements

Es verwundert beinahe, dass Herbert Prikopa neben der Volksoper noch Zeit für andere Engagements finden konnte. So sang er etwa in der Staatsoper in „The Rakes Progress“ und in der „Zauberflöte“, im Gärtnerplatztheater in München war er im „Zigeunerbaron“ zu erleben. Gastspiele führten ihn als Dirigent nach London (er war10 Jahre lang ständiger Gastdirigent an der English National Opera), Kapstadt und Berlin. Mit wichtigen Orchestern, unter anderem mit der Philharmonia Hungarica und dem Orchester des Bayrischen Rundfunk, trat er dirigierend in großen Konzertsälen in der Schweiz in Deutschland und Italien auf. Als Spezialist für Johann Strauß, er ist auch Autor eines einschlägigen Buches, viel gefragt, dirigierte er seine Werke noch bis vor wenigen Jahren im In- und Ausland, auch mit den Wiener Symphonikern.  Auf den Besetzungslisten zahlreicher Operettenproduktionen des Westdeutschen Rundfunks findet sich der Name Herbert Prikopa ebenso wie in Musiksendungen des ORF und in Fernsehshows. Und so ganz „nebenbei“ ist er auch immer wieder als Schauspieler aufgetreten – auf der Bühne und im Film. Nicht vergessen darf man den Kabarettisten, der sowohl auf der Bühne wie auch im Rundfunk (legendär seine Sketche im sonntäglichen „Gugelhupf“) Erfolge sammelte.

 

Der Komponist

Für viele Programme in Rundfunk und Fernsehen komponierte und arrangierte Prikopa die Musik selbst. Aber er erhielt auch Kompositionsaufträge für das Theater der Jugend, für Schallplatten und Konzerte. Bei den CD-Einspielungen seiner Klavierwerke war er auch selbst der Pianist. Das von ihm komponierte Musical „François, der Henker wartet“ über den französischen Dichter Francois Villon wurde 1976 in Wien uraufgeführt. Seine „Schrammel Messe“, eine vierstimmige Messe, in der statt der Orgel ein Schrammelquartett spielt, erlebte ihre Erstaufführung 2011 unter der Leitung des Komponisten in der Pfarrkirche Atzgersdorf.

 

Der Pädagoge

Wichtig war es für Herbert Prikopa immer, Kinder und Jugendliche an die so genannte „ernste Musik“ heran zu führen. Gemeinsam mit dem damaligen Generalsekretär des Wiener Konzerthauses Hans Landesmann gründete er 1978 die Konzertreihe „Für Kinder und Kenner“, die über 20 Jahre lang erfolgreich am Programm stand und mit der Prikopa auch im Ausland gastierte. Ziel war es, Kindern einerseits den Weg in die Konzertmusik zu ebnen und die Schwellenangst vor klassischen Konzerten zu nehmen.  Ähnlich konzipiert war auch seine langjährige wöchentliche Fernsehsendung „Der Ohrwurm“. Dass Herbert Prikopa auch Gesangsunterricht erteilte, ist da nur eine logische Konsequenz.

Als Dank und Anerkennung für seine langjährige und vielfältige Tätigkeit verlieh ihm die Volksoper 1987 die Ehrenmitgliedschaft. Das offizielle Österreich dankte Herbert Prikopa auf seine Art – mit Orden der Republik und des Landes Wien und dem Titel „Professor“.

Musik- und Theaterfreunde verdanken dem Universalkünstler Herbert Prikopa unzählige unvergessliche Abende. Wir werden den großen Künstler nicht vergessen

Der Vorstand der Wiener Volksopernfreunde

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