Guggi Löwinger ist in der Nacht auf den 21. April im Alter von 79 Jahren verstorben. Sie ist in 2267 Vorstellungen und in 35 verschiedenen Partien an der Volksoper aufgetreten.
„Guggi Löwinger hat die Geschichte der Volksoper knapp sechs Jahrzehnte lang geprägt. Sie hat am 15. Mai 1959 als Lisa in „Gräfin Mariza“ debütiert und stand zuletzt am 26. Jänner 2018 als Frau Schmidt in „The Sound of Music“ auf unserer Bühne. Mit ihr stirbt ein Teil der Geschichte der Volksoper. Wir werden diese unvergessliche Künstlerin schrecklich vermissen“, so meinte Volksopern-Hausherr Robert Meyer erschüttert anlässlich des Ablebens der beliebten Künstlerin.
Vermissen werden sie auch die Volksopernfreunde. Die Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin gehörte bereits in meiner Kindheit und Jugend zum „Inbegriff“, ja irgendwie zum „Inventar“ der Volksoper. Viele Operetten- und Musical-Produktionen erlebte ich mit ihr – zahlreiche Erinnerungen verbinde ich mit ihr – oft als Stammgast der „Familien-Loge“ – der 4er Loge links im 2.Rang. Dort habe ich gemeinsam mit Eltern und Großeltern viele Abende mit der zauberhaften Soubrette erlebt…so auch an Abenden nach meiner Kommunion und Firmung – Guggi war immer irgendwie dabei und fegte quirlig über die Bühne des Hauses am Währinger Gürtel. Zuletzt durfte ich sie als Gast beim Adventkonzert der „Volksopernfreunde“ im Lehár-Schlössel am 1. Adventsonntag des vergangenen Jahres begrüßen…
Die Künstlerin entstammte als Tochter von Paul Löwinger und seiner Frau Liesl der legendären Wiener Schauspielerdynastie Löwinger und war seit Ende der 1950er-Jahre Ensemblemitglied des Hauses am Währinger Gürtel.
Löwinger wurde am 5. April 1939 in Wien geboren. Hier absolvierte sie auch ihre Schulzeit. Bereits im Alter von sechs Jahren erhielt Guggi ihre erste Rolle. Ab dem neunten Lebensjahr begann sie eine Tanzausbildung bei der Ballettmeisterin und Choreographin der Volksoper Dia Luca. Schon mit 13 Jahren besuchte sie die Schauspielschule Kraus und begann 1956 ein Gesangstudium bei der berühmten Kammersängerin Esther Réthy. Ihr erstes Engagement trat sie im September 1956 an – als Piccolo in dem Singspiel „Im weißen Rössl“ im Stadttheater Baden. Es folgte eine Reihe von Hauptrollen in Operette und Schauspiel (u. a. in Fritz Kreislers „Sissy“, Dario Niccodemis „Scampolo“ und Eugène Scribes „Ein Glas Wasser“). 1957 wurde sie als „Gigi“ an das Theater Koblenz verpflichtet, wo sie gleichfalls in Operette und Schauspiel tätig war. Von dort wurde die erst zwanzigjährige Künstlerin 1959 von Fritz Eckhardt, der damals die Dramaturgie besorgte, als Lisa in „Gräfin Mariza“ an die Volksoper engagiert. Regie führte der legendäre Géza von Bolváry. Ihr Debüt an Währinger Gürtel feierte sie dann schließlich zur Premiere der Operettenproduktion am 15. Mai 1959. Ihre Partner waren Esther Réthy als Mariza, Rudolf Christ als Graf Tassilo und Erich Kuchar als Baron Zsupán. Eine Fülle von Fernsehspielen und Shows führte Guggi Löwinger 1961 zu einem Doppelvertrag mit der Volksoper Wien und dem Staatstheater am Gärtnerplatz in München.
1962 entschied sich die junge Soubrette jedoch zugunsten der Volksoper Wien, der sie fortan jahrzehntelang die Treue hielt. Dort gehörte sie schon von ihren ersten Auftritten an zu den erklärten Lieblingen des Hauses. Ihre „Parade-Rollen“ wurden die Mi in Franz Lehárs „Das Land des Lächelns“, Ciboletta in Johann Strauß’ „Eine Nacht in Venedig“, Pepi in Johann Strauß’ „Wiener Blut“, Mabel in Emmerich Kálmáns „Die Zirkusprinzessin“, Juliette in Franz Lehárs „Der Graf von Luxemburg“, Franzi und Fifi in Oscar Straus’ „Ein Walzertraum“, Stasi in Emmerich Kálmáns „Die Csárdásfürstin“, Mizzi in Robert Stolz’ „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“, Klärchen in Ralph Benatzkys „Im weißen Rössl“ und Mascha in Franz Lehárs „Der Zarewitsch“.
Ihr breites künstlerisches Spektrum zeigte Guggi Löwinger aber auch schon bald mit Musicalpartien wie der Bianca in Cole Porters „Kiss me, Kate“ und Eliza Doolittle in Frederick Loewes „My Fair Lady“ und bewies immer wieder ihre künstlerische Spannweite. In den letzten Jahren trat Löwinger u. a. als Jacqueline in Jerry Herman „La cage aux folles“, Frau Schmidt in Richard Rodgers „The Sound of Music“, Jente in Jerry Bocks „Anatevka“ und Mrs. Higgins und Mrs. Pearce in „My Fair Lady“ auf.
Guggis letzter Bühnenauftritt war auch in einer Musical-Rolle: sie stand in „The Sound of Music“ auf den Brettern ihrer geliebten Volksoper…
Auch bei den Operettenfestspielen in Mörbisch war sie ein gern gesehener Gast. (1970 als Etelka in „Die ungarische Hochzeit“, 1971 als Stasi in der „Csárdásfürstin“ und 1973 als O Lia San in „Viktoria und ihr Husar“). In den 60er Jahren wirkte die junge Guggi auch in Filmen mit: so etwa in „Hilfe meine Braut klaut“, „Tanze mit mir in den Morgen“, „Dicke Luft“, „Unsere tollen Tanten in der Südsee“ und „Der keusche Adam“. Zu ihren Film-Partnern zählten u.a. Peter Alexander, Conny Froboess, Rudolf Carl und Rex Gildo.
Zahlreiche Schallplatten-Aufnahmen zeugen von Guggis künstlerischem Schaffen, und Tourneen der Volksoper führten sie nach Japan, in die USA und bis in die ehemalige Sowjetunion. Für ihre Darstellung der Midili in „Die Rose von Stambul“ wurde sie 1961 mit dem Goldenen Rathausmann der Stadt Wien ausgezeichnet. 1981 erhielt sie das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.
Ab März 2007 war sie in der Jury der dritten Staffel der österreichischen Dancing Stars und löste damit „Mr. Wunderbar“ Harald Serafin ab. Löwinger war in zweiter Ehe mit dem beliebten Operettentenor Peter Minich verheiratet. Der Kammersänger starb im Jahr 2013. Löwinger und Minich zählten zu den „Paradepaaren der Urwiener Unterhaltungskunst“ und waren oft gern gesehene Gäste bei gesellschaftlichen Events.
Zuletzt stand Löwinger in der Volksoper Wien als Mrs. Pearce in „My Fair Lady“ und als Frau Schmidt in „The Sound of Music“ auf der Bühne. An der Volksoper spielte sie in den vergangenen Jahren außerdem unter anderem in „Der Opernball“, „La Cage aux Folles“ und „Anatevka“. Die Ausnahmekünstlerin wirkte an der Volksoper in 18 Premieren mit. Sie trat wie schon früher erwähnt in über 2.200 Vorstellungen und in 35 verschiedenen Partien auf und war aus dem Ensemble der Volksoper einfach nicht wegzudenken…
Ich verlasse gedankenverloren die leere Loge im 2. Rang, von der aus ich so oft als Kind den „Soubretten-Wirbelwind“ Guggi Löwinger mit ihrem Ur-Wiener-Schmäh miterlebte…
Danke Guggi!
O.T.
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